Der deutsche Turnlehrer Max Heiser (1879 – 1921) ist der Urheber des Handballspiels. Als Berliner Turnwart gab er gemeinsam mit Carl Schelenz (1890 – 1956) um 1919 die ersten Regeln heraus. Sie nannten das Treiben „Torball“.
Der Fußball galt damals für Frauen als nicht geeignet. Stattdessen sollten die Damen einen Ballsport ohne Zweikämpfe ausüben. So kopierten sie kurzerhand die Vorgaben des Fußballs, bestehend aus der 11er-Mannschaftszahl sowie den Spielfeld- und Tor-Maßen. Dieser „Ur-Handball“ sollte gewissermaßen als Spiel ohne Körperkontakt gelten; Punkte (nämlich: erzielte Tore) sollten über Sieg oder Niederlage entscheiden.
„Torball“ hatte sich jedoch zuvor aus verschiedenen Ballspielen, wie Netz-, Korb-, Raff- oder Turmball entwickelt, und zwar nicht nur in Deutschland. In Schweden und Dänemark wurde zu jener Zeit bereits „Handbold“ gespielt.
Und eben in den drei skandinavischen Staaten Schweden, Dänemark und Norwegen steht zwischen dem 30. November und 17. Dezember 2023 nun direkt auch die 26. Handball-Weltmeisterschaft der Frauen bevor. In der Vorrunden-Gruppe F messen sich die deutschen Ballwerferinnen übrigens mit den Nationalteams aus dem Iran, aus Japan und Polen.
Schon im antiken Griechenland und bei den Römern wurden handball-ähnliche Spiele gepflegt. Zu den bekanntesten gehörte Harpaston, was mit rauben“ oder „schnell wegnehmen“ übersetzt werden kann. Abbildungen auf altertümlichen Amphoren, Öllampen und Mosaiken zeigen uns Fertigkeiten mit dem Ball.
Auf antiken Münzen, die vor rund zweieinhalb Jahrtausenden in diversen helle-nistischen Teilstaaten im Geldumlauf waren, können wir auf den Rückseiten meist junge, attraktive Frauen identifizieren. Sie führen spezielle Ballübungen vor, die auch aus einem modernen Handball-Lehrbuch stammen könnten.
Da die überlieferten (meist Silber-)Prägungen recht winzig sind (oft kaum ein Gramm schwer und im Durchmesser nur ein paar Millimeter groß!), gibt es keine numismatischen Darstellungen von Partner- oder Mannschaftsszenen.
Die „altgriechischen Silber-Münzchen“ selbst (die heutzutage nicht billig sind!) fungieren unter der Bezeichnung „Obolus“ (oder als Teilstück – aber auch abgestuft bis zum schwereren Mehrfachstück namens „Octobol“). In jener Frühzeit musste man übrigens für einen gesalzenen Hering einen OBOL bezahlen.
Eine solche Obol-Münze (ca. 0,9 Gramm; ca. 9 mm) aus dem antiken Thessalien des ungefähren Jahres 450 vor Christus ist uns überliefert. Sie zeigt eine (vermutlich unbekleidete) Spielerin (nämlich: Nymphe Larissa) in nicht alltäglicher Sitzhaltung beim Prellen eines Balles. Diese Szene „Dame mit Übungsball“ könnte durchaus als „Vorspiel“ (oder Aufwärm-Übung?) für ein sich eventuell anschließendes Handball-Match gedeutet werden
Auf weiteren Übungsstationen trainiert Larissa den Ball sozu-sagen spielend auf höherer Ebene. Sie sitzt nach rechts auf einem Stuhl und hat vermutlich einen ihr zugeworfenen Ball unter Kontrolle gebracht. In ihrer linken Hand hält sie einen Blätterkranz. Ohne den Spielgedanken zu kennen, kann spekuliert werden, dass es nun ihre Aufgabe ist, den Ball mit ausgestrecktem Arm von oben durch diesen Reifen zu befördern und gleich wieder zu schnappen, ohne dass das Spielgerät auf dem Boden aufspringt.
Beim folgenden „Vorspiel“ hat die junge Frau den Schwie-rigkeitsgrad gesteigert. Sie sitzt nun nach links, aber nicht mehr auf einem Stuhl, sondern auf einer großen und stabilen Vase (= Hydria), die auf dem Fußboden platziert ist. Damit das Gefäß nicht wegrollt, hält sie es mit ihrer linken Hand fest. Mit ihrem nach vorne gereckten rechten Arm lässt sie den Ball senkrecht nach oben entgleiten, um ihn dann wieder aufzufangen. Als Wettbewerb kann angenommen werden: wer den Ball am häufigsten zu werfen und zu fassen bekommt, ohne dass er auf den Boden knallt, hat gewonnen.
Auf der nächsten Darstellung hat sich Larissa in ihrer ganzen Körpergröße aufgerichtet, zeigt sich dem Betrachter aber von vorn. Ihren Kopf hat sie nach rechts gedreht, um den schwebenden Ball besser kontrollieren zu können. Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, steht sie mit ihrer rechten Fußsohle gänzlich auf dem Untergrund. Ihr linkes Bein ist locker abgespreizt. Nur ihre Zehen berühren den Boden. Ein faltenreiches, langes Kleid umhüllt ihre Figur.
Ihre linke Hand ruht an ihrer linken Hüfte. Ihr rechter Arm ist im Ellbogen leicht gewinkelt, doch ihre rechte Hand befindet sich momentan auf Kopfhöhe. Der Ball hat wahrscheinlich gerade ihre leicht geöffnete Hand verlassen.
Bis jetzt war nur von der Nymphe Larissa die Rede, doch in der griechischen Mythologie tauchen auch Jungfrauen namens Trikka, Phalanna, Kierion, Pelinna, Atrax, Arne und weitere auf, denn sie galten als weibliche Gottheiten niederen Standes.
Als Personifikationen von Naturkräften erfuhren sie jedoch im Altertum hohe Wertschätzung. Gelegentlich begleiten sie auf Gefäßen oder mythologischen Münzen den Gott Dionysos oder die Göttin Aphrodite.
Die nächste Abbildung einer Trainingseinheit stammt aus Trikka (um 420 vor Christus). Auf einem Trihemiobol (1 ½ Obole) hantiert die dort numismatisch-populäre Nymphe gleichen Namens mit dem Ball. Dieses Mal steht sie dem Betrachter ebenfalls zugewandt, hat auch ihr Haupt nach rechts gedreht, um den eben fliegenden Ball leichter fixieren zu können. Der Ball hat momentan ihre geöffnete rechte Hand verlassen. Damit sie nicht aus dem Gleichgewicht kommt, kontaktiert ihre linke Fußsohle komplett die Unterlage. Ihr rechtes Bein ist leicht abgesetzt. Nur ihre Zehen befinden sich am Boden. Ihre linke Hand ruht an ihrer linken Hüfte. Ihr wallendes Kleid passt sich ihren Körperbewegungen an.
Aus der bislang sitzenden oder stehenden Position hat sich erwähnte Larissa nun auf einer weiteren Obol-Münze nach links in Bewegung gesetzt. Ihre Beine sind angewinkelt (rechtes) bzw. gebeugt (linkes Bein). Der linke Arm pendelt gerade auf Hüfthöhe neben dem Körper. Mit ihrem rechten, ebenfalls angewinkelt-erhobenem Arm, schlägt sie nach dem schwebenden Ball, der wohl nicht höher als Brusthöhe hüpft. Im „Vorspiel“ ihres Balltrainings werden wahrscheinlich die Anzahl ihrer fehlerlosen Schläge gezählt. Statur, Kleidung, Haartracht und Körperbeherrschung dürften auf ein etwa 20jähriges Mädchen schließen lassen
Alle sechs in diesem Beitrag vorgestellten antiken Münzen (es gibt noch eine Menge Varianten mit verwandten Details) belegen, dass nur immer eine einzige Handballspielerin abgebildet ist. Auf rund dreißig modernen Handball-Münzen bis einschließlich Kalenderjahr 2023 sind dagegen in der überwiegen-den Mehrzahl typische Spielszenen mit zwei und mehr Athleten festgehalten.
Eindeutig unterrepräsentiert sind die Damen bei nur drei femininen Handball-Münzen aus dem Kongo (1984), aus Südkorea (1988) und Australien (2000).
Für das Handball-Frauen-Turnier bei den XXXIII. Olympischen Sommerspielen vom 26. Juli bis 11. August 2024 in Paris laufen noch bis ins kommende Frühjahr hinein diverse Qualifikations-Turniere. Gastgeber Frankreich ist automatisch gesetzt. Die elf weiteren Nationen (von dann zwölf) werden zum Teil bei kontinentalen Titelkämpfen ermittelt. Für alle Teams auf dem 40 mal 20 Meter großen Handball-Spielfeld sowie sämtliche Olympia-Sportmünzen-Sammler und -Sammlerinnen ist die entsprechende französische Silbermünze (in Farbe) zu 10 Euro mit dem Handball-Maskottchen aber jetzt schon greifbar.
(Autor: Armin Haug/ Journal 200 der IMOS)