Das Olympische Feuer wird in Griechenland entfacht und auf den Weg gebracht Gegen die Pläne der norwegischen Organisatoren, die Flamme aus Morgedal mit jener aus Olympia zusammenzuführen, gab es erheblichen Protest in Griechenland. Auf jeden Fall sollte verhindert werden, dass die beiden Flammen zusammenkommen – so die Forderung der Griechen.
Es gab eine rege Reisediplomatie, die lange nicht zum Erfolg führte. Selbst als die 23-köpfige norwegische
Delegation zur Entzündung des Feuers in Athen eintraf, war noch keine endgültige Klarheit über den
weiteren Verlauf der Reise geschaffen worden, die ursprünglich über Venedig durch weitere Länder Europas führen sollte. Das norwegische Außenministerium, Norwegens Außenhandelsrat und die
Touristenorganisation NORTRA hatten entsprechende Vorarbeit geleistet. Thematisch sollten der Umwelt- und Friedensgedanke im Mittelpunkt stehen, Aktionen gegen Rassismus und Neonazismus sollten ebenso
eingebettet werden wie eine enge Zusammenarbeit mit der International Amateur Theater Association.
Das alles stand in Frage. So verlief die Entzündungszeremonie in Olympia entsprechend förmlich.
Noch als die Flamme in Nordrhein- Westfalen weilte, titelte eine norwegische Zeitung nach einer
Pressekonferenz von OK- Chef Heiberg am nächsten Tag (25.1.94) „Siste runde i ild- krigen ?“ (Sechste
Runde im Flammen- Krieg ?).
Ein Sonderstempel wurde nur in Olympia verwendet.
Drei Bundesländer wurden in Deutschland auf dem Weg nach Lillehammer besucht. Von den jeweiligen Landeshauptstädten gab es Abstecher in andere relevante Orte.
Die IMOS legte für den Lauf in Deutschland für jedes Bundesland eine Ganzsachenkarte mit privatem Zudruck auf. Dort sind auch weitere besuchte Orte angegeben, in denen spezielle Veranstaltungen stattfanden.
Letzte Station in Deutschland war Hamburg, wo die Flamme auf dem Flughafen Fuhlsbüttel am 27. Januar um 14:30 Uhr eintraf, an Bord auch viele norwegische Offizielle.
Auf dem Hamburger Rathausplatz fand anschließend die öffentliche Begrüßung statt. Am 28. Januar 1993 wurde die Flamme mit der Bahn nach Kopenhagen auf die Reise geschickt.
Dann folgten Helsinki (1.-4. Februar) und Stockholm (Ankunft am 4. Februar). Überall gab es Zeremonien unter Einbeziehung prominenter Olympioniken.
In Stockholm wurde an einer olympischen Traditionsstätte, dem Olympiastadion von 1912 und 1956 (Reiterspiele), eine Flammenschale entzündet. Von Schwedens Hauptstadt sollte es nach norwegischer Planung am Folgetag weiter nach Oslo gehen. Doch durch die Querelen um das „richtige“ und das „falsche“ Feuer, die sich keinesfalls zu nahe kommen sollten, wie ein griechischer Funktionär verlautbaren ließ, musste jetzt umdisponiert werden. Und so beließ man die Flamme erst einmal in Stockholm und
bemühte sich, sie aus der Schusslinie der Presse zu nehmen.
Erst am 11. Februar 1994, also einen Tag vor der Eröffnung der Winterspiele, wurde sie nach Oslo geflogen.
Zu diesem Thema sind die Nachrichten sehr rar und viele offizielle Dokumente, meist kurz vor den Spielen und seinem Fackellauf gedruckt, wurden nie korrigiert.
Von Oslo weiter in Richtung Lillehammer
Die Zeremonie fand im Osloer Bislett-Stadion statt, wenn auch nun ohne die Flamme aus Olympia.
Es spricht für das norwegische Publikum, dass es sich nicht davon abhalten ließ, beim Fackellauf seiner Vorfreude auf die Winterspiele weiterhin freien Lauf zu lassen. Und so folgte der Fackel-Tross die letzte Woche der ursprünglich festgelegten Route.
In dieser letzten Woche waren in der Provinz Hedmark die Kleinstadt Rena und der Olympiaaustragungsort Hamar die Etappenziele. In Hamar begannen dann am 14. Februar die Wettbewerbe um Olympiamedaillen.
Der gordische Knoten wird zerschlagen
Der 11. Februar war jener Tag, an dem die Weichen für eine feierliche Eröffnung mit der Flamme aus Olympia gestellt und gleichzeitig die Wünsche der griechischen Seite erfüllt wurden, ohne dass die Flamme aus Morgedal sang- und klanglos erlöschen musste.
Der Kompromiss sah nun wie folgt aus: Aus Stockholm wurde die Fackel aus Olympia erst am 11. Februar nach Oslo geflogen, ohne Pomp empfangen und von dort per Hubschrauber der Armee nach Sjusjøen, dem bekannten Tagesziel der Etappe 74.
Doch welche praktische Lösung wurde nun für die Zerschlagung des Gordischen Knotens gefunden?
Die Flamme aus Morgedal wurde von Hamar, dem Ziel der 73. Etappe, am 11. Februar 1994 auf der vorgesehenen Strecke in Richtung Sjusjøen getragen, jedoch nur bis Mesnalia – dort ist die Grabstätte der Schriftstellerin Sigrid Undset. Von dort bewegte sich der Tross direkt nach Lillehammer. Der ursprünglich geplante abschließende Tages-Abschnitt Mesnalia-Sjusjøen wurde also nicht bedient.
In der Olympiastadt wurde die Morgedal-Flamme würdig empfangen in der Storgata, der gemütlichen Hauptstraße der Olympiastadt. OK- Chef Heiberg, der Generaldirektor des „Hauptauftragnehmers“ für den Fackeltransport, der Post, Bürgermeister Audun Tron und sein Kollege aus Sarajevo Muhamed Kresevljakovic gaben dem Zeremoniell eine zusätzlichen Sinn durch die Einbindung in die Aktion OLYMPIC AID, die auf die Unterstützung des durch Bürgerkrieg arg
gebeutelten Bosnien-Herzogewina zielte.
Seine Ansprache schloss der Generaldirektor der Post mit den Worten: „Die Flamme aus Morgedal ist angekommen, sie brachte tausendfache Grüße des norwegischen Volkes mit. Die Olympischen Winterspiele können beginnen. „
Bis dahin dauerte es aber noch einen Tag.
Mit der Morgedal- Flamme wurde während der kleinen Feier eine
Flammenschale aus dem Jahre 1952 entzündet, die in der
Storgata weiterhin brennen sollte. Während des Zeremoniells
wurde die Flamme dann dem Behinderten-Skisport-Zentrum
Breitostölen zur Aufbewahrung übergeben.
Zu den Paralympischen Spielen sollte sie dann wieder nach
Lillehammer zurückkehren.
Damit ist die Geschichte des Laufes mit der Morgedal- Flamme zunächst beendet. Auf reichlich 8000 km wurde das Feuer durchs Land getragen und trug viel zu jener Begeisterung bei, die dann in dem Winter- Märchen von Lillehammer 1994 ihren Ausdruck fand.
Am Abend des 11. Februars 1994 war das Feuer aus Olympia jedoch noch nicht am Ziel angekommen. Kurz vor Mitternacht landete ein Helikopter der Skvadron 339 Bardufoss auf einem provisorischen Landeplatz am Hoyfjells-Hotel. Er brachte die Olympische Flamme aus Oslo.
Eine erste Begrüßungszeremonie fand in der Kirche des Ortes (Fjellkirke) noch in der Nacht statt. Die Bischöfin von Hamar, Rosemarie Köhn, hielt die Ansprache, in der Kontemplation und Stille angesagt waren.
Am Morgen danach fand der Tag 75 des von der Post geplanten Fackellaufes doch noch statt. Gegen 9 Uhr wurde die Flamme aus Olympia im Beisein vieler Journalisten aus dem kleinen Postamt Graathen gebracht, wo sie über Nacht aufbewahrt wurde – und der Tross setzte sich auf der historischen Birkebeiner-Loipe Richtung Lillehammer in Bewegung. Der Platz bei der Hakons-Halle, genannt Stampesletta und während der Spiele für die Siegerzeremonien genutzt, war das erste Ziel.
Hier fand ca. vier Stunden vor der Entzündung der Flammenschale noch eine kleine Zeremonie statt, diesmal mit den Verantwortlichen des NOK und des LOOC sowie den Vertretern der Olympia-Kommunen. NOK-Chef Myrhold und Bürgermeister Tron übergaben an die Vertreter von vier anderen Austragungsorten separate Flammen, entzündet am Feuer aus Olympia.
Bis zum eigentlichen Ziel, dem Sprungstadion, war es nicht mehr weit. Der spektakuläre Flug von der Schanze – der Skispringer Stein Gruben musste den eigentlich vorgesehenen Ole Gunnar Fidjestöl ersetzen – wird vielen noch in Erinnerung geblieben sein.
Kronprinz Haakon Magnus setzte schließlich den Schlusspunkt eines Fackellaufes, der manch dramatischen Akzent setzte. Seine Schwester hatte 75 Tage zuvor das Feuer in Morgedal entzündet. Die Kette wurde allerdings einen Abend vorher unterbrochen.
Es war nicht der einzige Olympische Fackellauf mit Hindernissen….
(aus einem IMOS-Rundschreiben des Jahres 1994)