Fakkelstafetten — Fra Morgedal til LillehammerOlympia (Archaia Olympia) erlebte eigentlich in diesem Jahr ein Jubiläum: zum fünfundzwanzigsten Male würde dort eine Olympische Flamme für Spiele der Neuzeit entzündet. 1936 eingeführt, wurde die Flamme seitdem für die Sommerspiele dort feierlich entfacht, seit Innsbruck 1964 auch für die Olympischen Winterspiele. Aber es bleibt beim „eigentlich“: 1984 überwarf sich das griechische NOK mit dem OK von Mr. Ueberroth, und so blieb der Flamme wegen der
Kommerzialisierung des Fackellaufs 1984 eine Entzündung in Olympia verwehrt.
Eine Fackelzeremonie für Olympische Winterspiele gibt es jedoch schon seit 1952. Die Norweger besannen sich auf ihre eigene Tradition und legten das Zeremoniell nach Morgedal, wo die Hütte von Sondre Norheim stand, der als Pionier des modernen Skisports gilt. 1956 kam eine italienische Variante für Cortina d’Ampezzo hinzu. Für Squaw Valley ging man dann wieder nach Morgedal, obwohl es schon damals die Idee gab, die Entzündung in Griechenland zu zelebrieren.
Wen kann es eigentlich wundern, dass sich die Norweger an diese Tradition erinnerten und an sie anknüpften, als sie die Olympischen Winterspiele zum zweiten Mal zugesprochen bekamen? Die Flamme aus Morgedal sollte durch Norwegen getragen werden und dann mit der Flamme aus Olympia vereinigt werden. Das stieß bekanntlich bei den Griechen auf heftigen Widerspruch, und lange Zeit schlugen die Wellen hoch.
Im Ergebnis gab es zwei verschiedene Fackelläufe, die durch die Klammer „Lillehammer 1994“ und durch den ausführenden Hauptsponsor zusammengehalten wurden. Schließlich war auch die Fackel die gleiche.
Zweifellos entstand damit ein Kuriosum. Puristen werden ihre Probleme damit haben – oder zu rigorosen Entscheidungen kommen, die wiederum mit der Realität dieser Winterspiele und ihrer Vorbereitung nichts gemein haben.
Wie 1992 bei den Winterspielen von Albertville war die Post Hauptsponsor des Fackellaufs. Der wesentliche Unterschied war jedoch der, dass damals das Feuer aus Olympia durch Frankreich getragen wurde. Diesmal war es „nur“ das Feuer aus Morgedal.
Der Lauf ab Morgedal
Die Zeremonie fand am 27. November 1993 statt. Prinzessin
Märtha Luise entzündete die Holzscheite in einer Hütte an der
Wiege des nordischen Skisports in Morgedal und übergab sie
dann zur Entzündung der ersten Lillehammer- Fackel.
Schon einen Tag vor dem Zeremoniell wurde in Morgedal ein
neuer Tagesstempel eingesetzt, der auf den historischen Ort hinweist und auch ein Fackelläufer-Symbol zeigt.
Die Post bereitete für jeden der geplanten 75 Übernachtungsorte einen Sonderstempel vor. Alle wiederholen das gleiche Motiv (siehe Anlage 1). Unterschiede ergeben sich in der Einbeziehung der Postleitzahl. Bei einigen Orten verzichtete man darauf. Einige Klischees gibt es mit Abweichungen.
Die regionalen Posten zelebrierten das Ereignis zudem häufig mit eigenen Souvenirs – gleich zu Beginn mit einer Postkarte und einem Folder.
Dem kleinen Postamt selbst traute man wohl die Bewältigung der erwarteten Sammlerpost nicht zu, so dass auch die Postämter von Notodden (PLZ 3850) und Kviteseid (PLZ 3850) in die Bearbeitung der Sammlerpost einbezogen wurden. Klebezettel lagen im kleinen Postamt der Gemeinde Morgedal nicht vor. Die Klebezettel auf den Einschreibebriefen machen dies deutlich. Das Postamt von Notodden bestätigte diesen Sachverhalt.
Zwei verschiedene Stempel sind für Morgedal bekannt. Abstempelungen aus der Versandstelle in Oslo zeigen
den nebenstehenden Stempelabdruck, bei dem das Ende der Fackel über dem rechten Ring endet.
Die Fackel endet bei den vor Ort
eingesetzten Stempeln mittig über
den Olympischen Ringen.
Der Fackellauf folgte der Route, die auf einer der drei großformatigen Sonderpostkarten des Hauptsponsors Post zu sehen ist.
Nicht allzu viele der tangierten Orte legten zusätzliche Sonderstempel in Eigeninitiative auf. Darüber hinaus wurden auch weitere Initiativen ergriffen, die sich philatelistisch niederschlugen.
Diese sollen im Vordergrund stehen. Eine ausführlichere Dokumentation der gleichartigen Fackellauf-Sonderstempel ist dem Anhang vorbehalten.
Das Faltblatt für die erste Tagesetappe des Fackellaufs weist eine Strecke von 47,5 km aus. Endziel war die Stadt Bo, die um 19 Uhr erreicht wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte das Postamt allerdings schon geschlossen.
Von Bo führte die Trasse in die Provinz Buskerud und steuerte Kongsberg an.
Der aktive Kongsberger Sammlerklub legte eine Maximumkarte auf, mit der an den
Olympischen Fackellauf 1952 erinnert wurde. Damals gab es keinerlei Proteste der Griechen.
Petter Hugsted, der die Karte signierte, war damals einer der prominenten Fackelträger. Nach seiner Inhaftierung durch die deutschen Besatzer während des Zweiten Weltkriegs feierte er mit dem Gewinn der Goldmedaille im Skisprung – vor Birger Ruud – bei den Olympischen Winterspielen St. Moritz 1948 seinen größten Erfolg.
Auf dem Weg von Tønsberg in der Provinz Vestfold zurück nach Telemark wurde um
10:40 Uhr kurz in der Stadt Sandefjord Station gemacht.
Zweifellos eine der besonderen Etappen: Wenige Tage später wurde das Feuer auf die Ölplattform Gullfaks C in der Nordsee geflogen.
Am Tag 14 (10. Dezember 1993) setzte sich früh um 7 Uhr der Tross in Stord in Bewegung. Um 17:30 Uhr wird die Flamme in einem Spezialbehälter an Bord eines Hubschraubers gebracht, und der transportiert sie auf eine Ölplattform Gullfaks C.
Pünktlich um 18:50 Uhr – 10 Minuten vor dem Zeitplan – trifft sie dort ein. Großer Bahnhof ist als Referenz an den zweiten Hauptsponsor des Laufes angesagt: der Statoil – Chef Nordvik begrüßt den Cheforganisator der Spiele und das jetzige IOC- Mitglied Heiberg ebenso wie Bürgermeister Tron von Lillehammer an Bord der Plattform. Mit Gullfaks C wurde jetzt der westlichste Punkt des Laufs erreicht.
Neben dem einheitlichen Fackellaufstempel wurde ein zweiter Sonderstempel für dieses Ereignis bereitgestellt.
Am 15. Dezember 1993 wurde Jevnaker in der Provinz Oppland erreicht. Anlässlich der Ankunft des Feuers aus Morgedal enthüllte man dort ein Denkmal für Ivar Balangrud2 In seiner aktiven Zeit errang der überragende Eisschnellläufer bei Olympischen Spielen von 1928 bis 1936 vier Gold-, zwei Silber- und eine Bronzemedaille. In
In Kristiansund, das am 23. Dezember 1993 erreicht wurde, legte man eine kurze Weihnachtspause ein, ehe der Lauf am 27. Dezember fortgesetzt wurde.
Zum Jahresende begann dann ein spannender Teil der Reise hinauf in den Norden des Norwegens.
Von Brekstad wurde die Flamme zum Airport von Trondheim in Vaernes gebracht. Auf dem Weg dorthin wurde ein Teilstück per Schiff über den Trondheimsfjorden zurückgelegt. Der Stempel nimmt Bezug auf jenes Teilstück von Stadsbygd nach Stjørdal, unweit vom Airport Trondheim-Vaernes gelegen. Die Stadt Trondheim selbst wurde durch den Fackellauf (noch) nicht tangiert.
Der unscheinbare Sonderstempel nimmt deutlich Bezug auf den Fackellauf.
3 Vegard Ulvang sprach bei der Eröffnung den Olympischen Eid, obwohl er kurz vor den Winterspielen in
Lillehammer für Aufregung sorgte, als er in ungewöhnlich offener Form das IOC und seinen Präsidenten
Samaranch kritisierte.
Einschreiben vom ersten Tag der Schiffsreise ab Tromsø – mit dem Sonderstempel der Post und zwei Cachets, für die deutsche Schiffspostsammler sorgten.
Auf den Souvenirumschlägen der norwegischen Post wurde der Zusatzstempel der Reederei abgeschlagen.
Am 12. Januar 1994 ging die Flamme wieder an Bord eines Schiffes, diesmal des Schoners „ANNA ROGDE“. Der erste Teil der Etappe Harstad-Sortland wurde auf dem Wasser zurückgelegt, ehe das Feuer in Ervik wieder an Land gelangte. Wiederum sorgten deutsche Schiffspostsammler für einen attraktiven Hinweisstempel.
Entgegen der ursprünglichen Auskunft, dass der Schiffspoststempel nur in der Sommersaison eingesetzt würde, besann man sich eines Besseren und würdigte auch auf diese Weise jenes für das Schiff bedeutsame Ereignis.
Der Schoner – im Cachet als „Rubin der nord-norwegischen Küstenkultur“ bezeichnet
Eilboten-Express-Brief mit dem zusätzlich abgeschlagenen Schiffspoststempel
Die Volksfeste in den Übernachtungsstationen bezogen auch die dort ansässigen Olympioniken mit ein, die hohes Ansehen genießen. Autogrammstunden waren Attraktion im Rahmenprogramm.
Postkarte mit Grüßen vom Postamt und Olympiasieger Magnar Sollberg, dem mit zwei Gold- und einer Silbermedaille dekorierten Skilangläufer in Grenoble 1968 und Sapporo 1972
Mit Gjøvik sah einer der Olympiaaustragungsorte schon vor Beginn der Winterspiele das Olympische Feuer
Auch Sørumsand gehörte nicht zu den ausgewählten Etappenstädten, doch setzte man dort dennoch einen Sonderstempel ein.
Provisorisch deklarierter Einschreibbrief, als Postsache versandt
Obwohl keine Übernachtungsstation, setzte man in Fjerdingby in der Provinz Østlandet sogar an drei Tagen einen Sonderstempel ein, der auf die Fakkelstafetten Bezug nimmt und die Sprungschanze der Stadt abbildet, den Marikollen.
Nur fünf Tage später traf die Stafette in der Hauptstadt Oslo ein.
In der letzten Woche waren in der Provinz Hedmark die Kleinstadt Rena und der Olympiaaustragungsort Hamar die Etappenziele. In Hamar begannen dann am 14. Februar die Wettbewerbe um Olympiamedaillen.
Im Teil 2 wird der Weg von Olympia nach Lillehammer beschrieben.
(erstveröffentlicht im OSPC-Journal 1/1994)