Privatpostmarken

Privatpostmarken spielen in der zeitgenössischen Sportphilatelie eine bedeutende Rolle. Durch die Postliberalisierung und die Öffnung der Märkte gab es vielfältige Möglichkeiten, sportliche Ereignisse zu dokumentieren. Für die einen wurde dies zum Segen, für andere zum Fluch.  Es fällt schwer, sich einen genauen Überblick zu verschaffen. So seien hier einige Mosaiksteinchen vorgestellt, welche die nicht nur thematische Vielfalt belegen sollen.   

Beispiel 1: Privatpost in einer konkreten Situation, wo der Monoplist (hier: USPS) nicht in der Lage war, seine Aufgaben zu erüllen.

„Juan de Fuca Private ‚Olympic’ Post“ 


1965, während eines Massenstreiks von Postlern in Victoria, British Columbia (Kanada), sah der Briefmarkenhändler die Chance, eine spezielle Postbeförderung über das nahegelegene Port Angeles im US-Bundesstaat Washington  zu arrangieren, von wo die Post dann mit US-Frankatur weitergeleitet wurde.  Für den ersten Teil der Beförderung wurden die bezahlten Gebühren auch mit Olympia-Privatpostmarken (Vignetten) belegt. 

 

Beispiel 2: Ausgabe von Privatpostmarken im Zuge der Postliberalisierung (Argentinien)

 

 

Argentinien gehörte in Sachen Postliberalisierung zu den Vorreitern.  Auch wenn der so genannte KEP- Markt – der Markt für Kurier-, Express- und Paketdienste – in Deutschland schon 1997 ein Volumen von 8 Milliarden Euro umfasste, von einem massiven und attraktiven Auftreten privater Anbieter für den Normalkunden konnte in Deutschland zu diesem Zeitpunkt, also noch vor Inkrafttreten des jetzigen Postgesetzes,  keine Rede sein.  Anders in Argentinien, wo sich mehrere Anbieter etablieren konnten, die z.T. auch heute noch aktiv sind.

 

 

 

 

 

Im Decreto N° 1187/93  wurden durch die argentinischen Behörden die Rahmenbedingungen für private Briefdienste formuliert, auf deren Basis dann im April 1994 die so genannte anonyme Gesellschaft (S.A.)  TRANSLYF gegründet wurde.  Der Firmenname ist eine Abkürzung und steht für La Transportadora de Luz y Fuerza, die auf die Wurzeln und mittelbar den Gründungszweck verweist, der in der Eigendarstellung mit der Optimierung der Zustellung der Post des über 700.000 Klienten umfassenden Kundenstammes des Energieversorgers der Provinz Buenos Aires  – E.S.E.B.A. S.A   für Empresa Social de Energía de la Provincia de Buenos Aires   – angegeben wurde. 

Die Firma setzte zur Freimachung selbstklebende Label ein, die auf bildliche Gestaltungen zurückgriffen und damit auch für Sammler attraktiv wurden.  Zwei Ausgaben weckten auch das Interesse der Sportsammler- die vorliegende zur Fußball-WM 1998 in Frankreich und jene zur Bewerbung von Buenos Aires für die Olympischen Spiele 2004.  

 

Diese Firma war nicht die einzige und erste, die an die normalen Postkunden herantrat.  Der bekannteste Privatpost-Anbieter mit vielen landesweiten Filialen heißt OCA.   Im Unterschied zu TRANSLYF  wurde hier von Anfang an auf traditionelle – also gummierte und gezähnte- Briefmarken gesetzt.

Dem Ausgabeprogramm kann man Solidität bescheinigen-  es ist überschaubar und  wurde auch entsprechend publiziert.  Sportsammler wurden mit wenigen attraktiven Marken  umworben, wobei bei den Themen Basketball-WM, Rugby,  Automobilsport und natürlich Fußball immer ein Bezug zu Argentinien vorhanden war. Im Jahr 2002 wurde zu Ehren von Diego Maradona  eine Einzelmarke für normale Post (simple) herausgegeben. Er – dessen Leben zunehmend von Skandalen und peinlichen Auftritten gekennzeichnet war – wird hier als bester Spieler des Jahrhunderts bezeichnet.  Vier WM (1982 bis 1994)  spielte er mit unterschiedlichem Erfolg- so erzielte er nach einem tollen Dribbling 1986 im Viertelfinalspiel gegen England  jenes Tor, das 2002 von der FIFA zum „Tor des Jahrhunderts“ gekürt wurde- und die WM 1994 wird symptomatisch für den anderen Maradona. Nach dem Gruppenspiel gegen Griechenland wird er als Dopingbetrüger überführt und vom Turnier ausgeschlossen. 

 

Beispiel 3: Ausgabe von Privatpostmarken im Zuge der Postliberalisierung (Deutschland)

Nach der schrittweisen Öffnung des Postmarktes in Deutschland gab es eine Vielzahl von Briefdiensten, die auf diesen Markt drängten, nicht viele für lange Zeit. Durch die Vielzahl von Ausgaben wird es zunehmend unüberschaubar, wenngleich sich dem thematischen Sammler neue Möglichkeiten eröffneten.

Zu den ersten Anbietern gehörte der Briefdienst PIN aus dem Raum Berlin-Brandenburg, der in seinem offiziellen Ausgabeprogramm öfter auf sportliche Ereigisse Bezug nahm. 

 Auch Ganzsachen wurden für sportiche Themen genutzt (Ausstellung ARENA in Berlin).


 

Eine besondere Rolle spielte der Rostocker Briefdienst OLYMP-POST, im Rahmen der deutschen Olympiabewerbung als Tochter des Firma RIDAS gegründet. 


Eine fünfwertige Ausga
be mit dem Rostocker Bewerbungslogo ICH BIN EIN ROSTOCK-OLYMP war die einzige Ausgabe des Dienstes. Postgeschichtlich wurde in Deutschland Neuland beschritten: Erstmalig nahm einer der neu etablierten Briefdienste auch Auslandspost entgegen, wobei es das Kuriosum gab, dass man zwar in alle Welt verschicken konnte, nicht aber in alle deutschen Bundesländern, da damals noch keine effektive Vernetzung der privaten Dienstleister erfolgte. 

Die internationale Post wurde von SPRING MAIL in den Poststrom an verschiedenen Knotenpunkten eingespeist – hier in Malta oder Schiphol.   

International war es nicht der erste private Briefdienst, der über Landesgrenzen hinaus versandte. Dazu gehörte auch TNT aus den Niederlanden, der von Spanien aus operierte. 


Ein letztes Beispiel vom RPV in Cottbus, der mit einer Ausgabe die regionalen Olympiateilnehmer ins Bild setzte.

Es sei betont, dass es sich bei den gezeigten Marken um solche aus dem jeweiligen offiziellen Ausgabeprogramm der Privatposten handelte. Dazu kamen auch personalisierte Marken auf Wunsch der Kunden.


Auch die Deutsche Post begann mit der Ausgabe von personalisierten Marken, jedoch verdienen die Ganzsachen besondere Aufmerksamkeit. In diesen Fällen tritt die Deutsche Post als Privatpost auf, erkennbar am Eindruck „DEUTSCHE POST“ an Stelle von „DEUTSCHLAND“.

Die Kuverts wurden in diesem Fall mit dem Wertzeicheneindruck „Fußball-WM 2010“ vorgegeben, Kunden konnten ihre eigenen Zudrucke anbringen lassen.

Interessanter wird die Sache, wenn die DP solche „Plusbriefe“ mit so genannten „Plusmarken“ anbietet, worunter als Wertzeicheneindruck eine Zuschlagmarke aus dem offiziellen, letztendlich vom Bundesfinanzministerium verantworteten  Ausgabeprogramm zu verstehen ist. Hier liegt ein hybrides Produkt  vor.

Ausschnitte zweier Plusbriefe mit Plusmarken (Sporthilfe-Ausgabe 2016)

 Zweifellos können die Privatpostmarken eine Bereicherung für den thematischen Sammler sein, können aber die Beschäftigung mit den herkömmlichen Facetten der Philatelie nicht ersetzen.  

 keywords: private mail services, postal deregalation, Deregulierung Postmarkt, postal market, liberalization of postal market