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Schon über den ganzen Tag waren sie wieder zu sehen. Fahnen an den Autos, fußballbegeisterte Frauen, Männer und Kinder in Trikots der deutschen Mannschaft. Erwartungsfroh blickte die Hauptstadt auf den Beginn der Fußball-WM der Frauen am Abend im Olympiastadion. Die Vorfreude und Begeisterung reichte schon fast an die zur Männer-WM fünf Jahre zuvor heran.
Auf dem Weg in die Arena waren U- und S-Bahnen die bevorzugten Verkehrsmittel. Dicht gedrängt bewegten sich die Massen an den Ausgängen der Bahnhöfe am Olympiastadion in Richtung Olympischer Platz. Dort war eine große Vergnügungsmeile aufgebaut, auf der sich einige der FIFA-Sponsoren und die Nationalen Förderer mit vielen Mitmach-Aktionen positioniert hatten.
Hauptsächlich ging´s natürlich um Fußball. Hier konnte man „Kickern“, dort seine Schussgeschwindigkeit testen lassen. Natürlich durfte auch der Londoner Doppeldecker des Fan Clubs Nationalmannschaft nicht fehlen. Hier konnte man sich die benötigte „Kriegsbemalung“ holen. Leider waren die Betreuer des Standes nicht in der Lage auf der Wange auch die kanadische Fahne aufzubringen. So ein Ahornblatt ist auch wirklich schwierig zu malen.
Am Stand von Sony konnte man sich fotografieren lassen. Auf einer Collage war der Fotografierte zusammen mit „Schweini“, „Poldi“, Özil und anderen deutschen Männerkickern beim Anfeuern unseres Frauenteams zusehen. Eine schöne Idee wie ich meine.
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Bei der Deutschen Post stand der Elfmeterschütze einer nahezu unüberwindlichen Papp-Torhüterin gegenüber. Philatelistisches gab es weit und breit bei der Post allerdings nicht zu sehen. Da fragt sich der Sportbriefmarkensammler schon, warum lediglich über die Sonderstempelstelle in Weiden ein Sonderstempel zum Eröffnungsspiel abgegeben wurde. Um den Einsatz eines Teams „Erlebnis Briefmarken“ lohnend zu machen, hätten sich unter den mehr als 70.000 Zuschauern sicherlich genügend Interessierte gefunden, die einen kurzen Kartengruß an die Lieben in der Heimat verschickt hätten. Der Einsatz eines solchen Teams einen Tag später im Postbank-Center Berlin 41 in der Schloßstraße 109-110A erscheint dabei doch recht absurd. Von der Post war hierzu zu hören, dass es offensichtlich Schwierigkeiten mit der FIFA bezüglich eines solchen Standes am Olympiastadion gegeben habe.
Kurze Acts auf der Bühne mit den „sticks & stöckl“, einer weiblichen Trommlertruppe aus Berlin oder die Show einer Hip-Hop-Gruppe ließen die Zuseher zunehmend warm werden. Auch das Wetter machte mit. Rechtzeitig zwei Stunden vor dem Spiel riss der Himmel und die Sonne schien.
Dann ging´s ins Stadion. Reibungslos ohne langes Anstehen war die bei einer solchen Veranstaltung gewohnte Prozedur überstanden. An den Verpflegungsstationen und den Fanshops herrschte dichtes Treiben. Angekommen auf dem Tribünenplatz wurde gerade das Warmlaufen der beiden Mannschaften von lauten Anfeuerungsrufen vor allem für das deutsche Frauenteam begleitet. So war schon lange vor Beginn der etwa eine halbe Stunde dauernden von 2.000 Berlinern, zu meist Jugendlichen, kurzweilig gestalteten Eröffnungsfeier, die Arena gut gefüllt.
Nach der Eröffnungsansprache des Bundespräsidenten ging es dann endlich los. 73.680 Zuschauer sahen ein verrücktes Spiel der deutschen Mannschaft. Weil viele Chancen ungenutzt blieben, wurde es unnötig spannend. Beinahe wäre den Zuschauern das „oh wie ist das schön…“ im Halse stecken geblieben. Denn in der 82. Minute stand es aus heiterem Himmel nach einem genialen Freistoß der Kanadischen Top-Scorerin Sinclair nur noch 2:1 – und die Minuten bis zum Schlusspfiff wurden immer länger. Wie so oft im Fußball wurde es noch einmal eng für die Mannschaft, die zuvor viele Chancen leichtfertig liegengelassen hatte. Aber dank eines sensationellen schwarz-rot-goldenen Zuschauer-Meeres, das in der kritischen Phase ein gutes Gespür bewiesen und ihr Team lautstark unterstützt hatte, schaukelten Kim Kulig, Kerstin Garefrekes und Co. den knappen Sieg gegen robuste Kanadierinnen über die Zeit. Vor diesem Hintergrund war Selbstkritik durchaus angebracht. Garefrekes mochte sich im Anschluss nicht so recht über die Auszeichnung als „Spielerin des Tages“ freuen, weil sie in der 67. Minute eine „tausendprozentige Chance“ vergeben hatte, bei der sie unbedrängt aus kurzer Entfernung das Leder übers gegnerische Gehäuse semmelte, statt den Sack endgültig zuzumachen.
Trotzdem vollends begeistert über einen doch über weite Strecken guten Start der deutschen Mannschaft konnten sich die Zuschauer auf den Heimweg machen.
Bericht und Fotos Peter Leinemann